Archiv für den Tag: 30. Juni 2022

auweh Frau Zeh

nun drängt es doch

Wenn ich heute den ‚neuen‘ offenen Brief zum Ukraine-Krieg lese, frage ich mich, ob Fremdschämen doch möglich ist1. Einige Unterzeichner schätze ich sehr, Frau Zeh’s Buch ‚Über Menschen‘ habe ich an 2 Tagen durchgelesen.
Aber was treibt diese Leute an, sich nicht wirklich zu informieren? Bei Maischberger wird das Fracking der USA mit der Möglichkeit in Deutschland verglichen – Äpfel mit Birnen, oder wenn man genauer hinschaut Äpfel mit Mandarinen, wie die Schliessung des Korridors nach Kaliningrad, die den Sanktionen entsprach, sogar der Zeitpunkt konnte nachgelesen werden. Vielleicht könnte eine Aufhebung dieser Sanktion zur Freigabe des Hafens von Odessa führen?
Ich will gar nicht ins Detail, aber diese Leute haben eine kleinbürgerliche Angst, wo es um Grundsätzlicheres geht. Und natürlich wird jeder Krieg zuletzt politisch beendet, aber es liegt doch auf der Hand, dass man die Ukraine unterstützen muss, damit es überhaupt zu Verhandlungen kommt.
Was vorher von Europa (nicht der USA2) versäumt wurde, schlägt jetzt in einen verlustreichen Stellungskampf um. Hätte, hätte hilft nicht. Jetzt helfen mehr Waffen, damit Putins Russland überhaupt zu Verhandlungen bereit ist. Wie die Frontlinie dabei aussehen wird, weiß ich nicht zu bestimmen. Es gilt eine Situation zu schaffen, in der dieser Krieg Putin keine Aussicht auf Gewinn bringt (schon gar nicht der nächste). Und natürlich kann das eskalieren, und natürlich fürchte ich um Hab und Gut, nicht zuletzt um mein Leben, zurecht! Aber für diese Talker.innen, Schreiber.innen, Philosoph.innen und Generäle ist das alles weit weg. Es ist wie beim Klima, wir ducken uns und werden wohl nichts, oder nur wenig, abbekommen. Man frage die Bauern in der Po-Ebene, nur um ein europäisches Beispiel zu nennen. Das alles ist nebenan, betrifft uns, wir können es nicht dem Vogel-Strauss gleichtun.
Mich ärgert die Leichtigkeit, mit der die Autoren Glauben machen, dass dieser Krieg jetzt beendet werden kann. Ziele sind kein statisches, sondern ein dynamisches Gut. Lehrt nicht die Erfahrung, dass die vermeintlich Kleinen einen Krieg durchaus zu ihren Gunsten drehen können? Vietnam und Afghanistan, Länder, die über Jahrzehnte Kriege aushalten mussten. Syrien – das Gegenbeispiel – in dem die jungen Männer eher geflohen sind, als ihr Land zu verteidigen (die Gemengelage war /ist viel komplizierter, aber dieser populistische Eindruck trifft es schon).
Natürlich bin ich kein Militärstratege, obwohl ich (im niederen Rang) in der Bundeswehr gedient habe, jedoch waren /sind das Gespare und die Fehlinvestitionen signifikant. So gibt es für mich keine Alternative zu Waffenlieferungen an die Ukraine3, oder wie glaubt man, ist Hitlerdeutschland niedergerungen worden?
Heute Grenzen mit Krieg zu verschieben, ist menschlich, ökologisch, ökonomisch, sozial und global Unrecht – eine Katastrophe. Wer anderes glaubt, zwingt zu einer neuen Ordnung, die derjenige, unter dem Strich, auch bekommen wird.
So oder so, die Erde wird rot!
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1) Irgendwie habe ich kein Talent dazu, schon das Wort an sich ist mir ein Graus
2) Das Interesse der USA ist bestimmt gesondert zu behandeln, denn klar ist, dass es sich nun lohnt amerikanisches Gas im großen Maßstab zu fracken, weil es mit dem weltweit gestiegenem Preis auch gewinnbringend zu verkaufen ist.
Geostrategisch wünschten sich die USA sicher einen stärkeren Partner, aber Europa bleibt/ist Konkurrent auf den globalen Märkten, der lieber etwas schwächer dasteht. Auch hier ein Deal auf vermeintliche Gegenseitigkeit, den es von uns zu überwinden gilt.
3) Selbst die Ukraine ist mit seinem Volkshelden Stepan Bandera nicht einfach gestrickt, dass aber Putin-Russland dies mit zum Anlass nimmt, ist eine Farce. Was denn nun: Zar, Nachfolge UDSSR, welches Erbe ist recht?, wohl nur das genehme. Oder sollte, wenn im Kreml die Frage des Baltikums im Raum steht, auch über die Rückgabe Kaliningrads an Deutschland nachgedacht werden? Unsinn – na klar!